Rezension Munique zu „Praxishandbuch Informationsmarketing“

2. Juli 2019 Kommentare deaktiviert für Rezension Munique zu „Praxishandbuch Informationsmarketing“

Sechs Jahre nach Erscheinen des ersten Praxishandbuches Bibliotheks- und Informationsmarketing1 ergänzt und erweitert ein zweiter Band2 das Themenfeld. Doch wo ist die Bibliothek geblieben?

Zielgruppen

Der neue verknappte Titel verrät nichts mehr über die Zielgruppe. Wen wundert’s, ist sie doch tatsächlich eine sehr umfängliche: Kommunalverantwortliche sowie Mitarbeiter/innen in der Öffentlichkeitsarbeit und im Marketing von Bibliotheken, weiteren Gedächtniseinrichtungen und Medienunternehmen sowie Marketingexpert(inn)en. Der Anspruch liegt ferner darin, sowohl Öffentliche wie Wissenschaftliche Bibliotheken zu erreichen, also auch in der Ansprache von Expert(inn)en wie Studierenden. Achtung, Spoiler! Anspruch erfüllt.

Letztere, also die Studierenden, werden dankbar das Vorwort aufgreifen bzw. in ihren Arbeiten zu zitieren wissen, denn es werden darin grundlegende Begriffe erläutert, beispielsweise Marketing, Service-Dominat Logic for Marketing (die Austauschbeziehungen vom Marktteilnehmenden betreffend), Information (vor allem in Richtung „Handlungsorientiert­heit“), des weiteren Informationsdienstleistungen, -ökonomie und –marketing.

Anspruch und Erfüllung

Schaffen es die Leser/innen, sich mit Hilfe dieses rund 600 Seiten starken Werkes bzw. einzelner Beiträge daraus, auf dem Informationsmarkt zu positionieren, dann sollten die Herausgeberinnen Prof. Frauke Schade (HAW Hamburg) und Prof. Dr. Ursula Georgy (TH Köln) das Ziel ihres Praxishandbuches erreicht haben. Zusammen mit diesen beiden Koryphäen ihres Faches bemühen sich 28 weitere Mit-Autor(inn)en sowie eine Korrektorin und natürlich der verdienstvolle Verlag DeGruyter Saur, um in 37 Beiträgen konvergente Strategien, Methoden und Konzepte (so der Untertitel) vorzustellen, aber auch Entwicklungen aufzuzeigen, in Themen ein- wie weiterzuführen und Impulse zu setzen. Sehr fein die den Beiträgen jeweils vorangestellten Abstracts und nachgestellte Literatur sowie – dankenswert, wenngleich obligatorisch – Abkürzungs- und Autor(inn)enverzeichnis und ein Register.

Inhalte

Es versteht sich, dass die Rezensentin nur bruchstückhaft auf einige Beiträge eingehen kann, angefangen mit den „üblichen Verdächtigen“ – und das ist nicht despektierlich gemeint! – wie beispielsweise (Georgy und/oder Schade): Marktanalyse, Trendbeobachtungen, Strategisches und operatives Marketing oder Crowdsourcing (in einem Atemzug mit Open Innovation). Okay, für manche mag Crowdsourcing noch immer Neuland sein, wurde jedoch bereits 2006 erstmalig als Begriff verwendet, wie wir von Georgy erfahren, und ward im Bibliotheksbereich spätestens seit BUB 2011, H. 03, aufgegriffen sowie nachgerade in der OPL-Checkliste im Jahr 2012 erstmalig praxisrelevant in punkto „Crowdfunding“ aufbereitet3.

Nicht zu vergessen: Change Management (Petra Düren), das ja bei allen Veränderungsprozessen – und das ist im Bereich Informationsmarketing zwangsläufig meist der Fall – eine tragende Rolle spielt.

Andere Beiträge erfordern sicherlich eine höhere Bereitschaft, sich auf die jeweilige Thematik einzulassen. Nach wie scheint dies der Fall zu sein bei OER, also Open Educational Ressources (Sabine Stummeyer) – und ganz allgemein dem Openess –, Design Thinking (Ivonne Preusser), Prozessexzellenz (Christina Kläre), Gaming und Gamification (Christoph Deeg), Sprachsteuerung und digitale Assistenten (Sebastian Sünkler und Friederike Hanisch), Corporate Storytelling (Deborah Kyburz) und Altmetrics (Dirk Tunger und Andreas Meier). Hier bestehen wechselweise sowohl in Öffentlichen wie Wissenschaftlichen Bibliotheken Ressentiments und Unsicherheiten. Man nickt zwar wissend mit dem Kopf, ist aber oftmals noch nicht bereit dafür. Für jene lohnt sich das Praxishandbuch ganz sicherlich.

Ebenso treffen wir auf alte Bekannte im neuen Gewand beziehungsweise Kontext. Beispielhaft seien genannt das EFQM-Modell, hier als Basis eines nachhaltigen Informationsmanagements (Franziska Klaff und Beate Guba), Usability und User Experience, hier von Informationsdienstleistungen (Ulrike Spree) und Lernort Bibliothek, hier seine Entwicklung zum Lernraum Hochschule (Christine Gläser).

Ein wenig überraschend, auf das Thema E-Mail-Marketing (Johannes Neuer) zu stoßen. Da beileibe nicht mehr alle potentiellen Kund(inn)en über eine E-Mail-Adresse verfügen bzw. das E-Mail-Konto aktiv nutzen, wird diese Form der Kommunikation gemeinhin als nicht mehr zeitgemäß eingestuft. Trotz der getroffenen Aussage des Verfassers, basierend auf die Allensbacher Markt- und Werbeträgeranalyse 2017, „die Anzahl der weltweit versendeten E-Mail-Nachrichten wird weiter zunehmen“, bestehen verhaltene Zweifel bei der Rezensentin, ob dem Marketing mit E-Mails eine höhere Arbeitspriorität einzuräumen sei. Doch allein die Teilkapitel Rechtliche Grundlagen … und der Einblick in die Praktiken und Strategien der New York Publik Library (NYPL), beispielsweise in Sachen Welcome, Conversion und Renewal Journey lohnen einen zweiten Blick. Und wie Neuer treffend feststellt: „Bei der Evaluation werden weiterhin nicht Benchmarks anderer Unternehmen im Vordergrund stehen, sondern eigene Erfahrungswerte, die durch sorgfältiges Testen und Verändern die Erfolge steigern“.

Besonders ans Herz gelegt

Den Studierenden bzw. Kursteilnehmenden an der FH Potsdam zum Bibliotheksmanagement bzw. zur Bibliothekswissenschaft wird die Rezensentin jedenfalls den Beitrag Crossmediale Kampagnen ans Herz legen, alldieweil das Wahlmodul „Öffentlichkeitsarbeit und Fundraising“ eben mit dem Thema Kampagnen startet. Sich einen Überblick zu den mannigfaltigen Aktivitäten auf Kommunal-, Landes- und Bundesebene zu verschaffen, weitet den Ideenhorizont, gibt Impulse und hilft dabei, Zeit und Ressourcen zu sparen, um das Rad kein zweites Mal erfinden zu müssen. So treffen wir erneut auf Neuer und seine Inspirationsquelle NYPL, die mit einiger Berechtigung Preisträgerin des „IFLA BibLibre International Marketing Award 2018“ ist.

Doch auch Lokales Marketing (Georgy) wird den Weg in die Literaturliste zum vorig erwähnten Potsdamer Weiterbildungskurs finden, hier besonders des eigenen Aha-Erlebnisses folgend, bislang dem Geofencing (etwa: „Gefundenwerden“) kaum Beachtung geschenkt zu haben, da als Informationsquelle persönlich nicht genutzt. Wie gut, dass wir darüber geredet … äh, … gelesen haben. Und so ergeht es sicherlich auch der einen oder dem anderen beim Durchschmökern dieses Praxishandbuches zum Informationsmarketings.

Allen Zielgruppen – allen voran natürlich den Bibliotheken jeglicher Art! – ans Herz gelegt sei der Beitrag von Dirk Lewandowski zur Zugänglichkeit von Information Services und ihren Inhalten über Suchmaschinen, da traditionelle wie zukunftsorientierte Handlungsmaxime innerhalb des bibliothekarischen Leistungsspektrums.

Best Practice

Dass das vierte und letzte Gliederungskapitel Best Practice lediglich zwei Beiträge vereint, nimmt Wunder. Davon der erste, lediglich aus einer halben Seite bestehende Beitrag (Georgy und Schade), der sich zudem lediglich als Vorwort zum zweiten entpuppt, dem von Ivo Vogel: Services in Informationsstrukturen: Überregionale Literaturversorgung im Recht, einfach? Dessen Beitrag will als „integrativ“ zu den vorangegangenen drei Gliederungskapitel Marketinganalyse, Strategisches Marketing und Operatives Marketing verstanden werden, so die Herausgeberinnen.

Nun ja, Best Practice findet sich schließlich in allen einzelnen Beiträgen quer durchs Buch. Speziell herausgegriffen soll am Ende Richard Stang werden – und ÖB wie WB werden sich mit Begeisterung auf ihn stürzen. Stang, der zur Verortung von Bibliotheken humorige Aussagen trifft, kommt dabei gewohnt kurzweilig-informativ zur Sache.

Fazit

Vom „gewichtigen Werk“ nicht abschrecken lassen, sondern stöbern, sich inspirieren und – ja, … auch ein wenig belehren lassen.


1 Praxishandbuch Bibliotheks- und Informationsmarketing. Hrsg. von Ursula Georgy und Frauke Schade. Red.: Klaus Stelberg. Berlin [u. a.] : De Gruyter Saur. 2012.

2 Praxishandbuch Informationsmarketing. Konvergente Strategien, Methoden und Konzepte. Hrsg. von Ursula Georgy und Frauke Schade. Korrektorat: Ingrid Furchner. Berlin [u. a.] : De Gruyter Saur. 2019.

3 Crowdfunding für OPL-Projekte nutzen : Finanzierung, Marketing, Social Networking / Ilona Munique. Hrsg. Berufsverband Information Bibliothek / Kommission für One-Person Librarians. – 1. Aufl. – 2012. (Checklisten ; 36)
Link zur 2. Aufl. 2015: http://www.bib-info.de/komm/opl/pub/check36_2A.pdf

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